Wir haben einen Brief mit Forderungen an die Verhandler*innen zur Vereinbarung einer Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD für die kommende Legislaturperiode verfasst und verschickt. Hier der Wortlaut zum Nachlesen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir, die Mitglieder der Klimainitiative Windeck verstehen uns als parteiunabhängige Lobbyorganisation für Klimaschutz und einen angemessenen Umgang mit den Klimawandelfolgen. Wir sehen unser menschliches Dasein als eingebunden in das ökologische System Erde und damit als Teil der Natur. Dies verlangt uns einen achtsamen und verantwortungsvollen Umgang mit dem System Erde ab. Die Umsetzung dieser Haltung ist dringlich und überfällig. Schon jetzt sind die existentiellen Grundlagen menschlichen Lebens in bestimmten Erdregionen als gefährdet anzusehen. Ein „Weiter so wie bisher“ ist unter diesem Eindruck keine Option.
Als Wähler*innen und als engagierte Bürger*innen sehen wir die Politik in der Pflicht, durch eine konsequente klimasensible und an Strukturen orientierte Herangehensweise die Folgen der Klimakrise zu begrenzen. Es gilt nicht weniger, als die zukünftige menschliche Existenz abzusichern.
Um dieses Ziel zu erreichen, erscheint es uns wichtig, wie und mit welcher Ernsthaftigkeit Sie als verhandelnde und verantwortliche Personen im Rahmen der Koalitionsverhandlung und bei der Erstellung eines möglichen Koalitionsvertrages das Thema Klimakrise, die Folgen des Klimawandels und entsprechende Maßnahmen behandeln. Wir sind auf Grund der nahezu fehlenden Thematisierung von Klimakrise / Klimawandelfolgen und entsprechende Gegenmaßnahmen im zurückliegenden Wahlkampf mehr als besorgt, dass diese alles übergreifende Herausforderung in der Zielstellung des zukünftigen Regierungshandelns nicht den notwendigen Stellenwert erfährt. In den aktuellen Sondierungsgesprächen ist das Klima, dessen Krise und deren Folgen kein Thema. Um Sie an diese in unseren Augen zwingende Notwendigkeit zu erinnern, teilen wir Ihnen nachfolgend uns wichtige Forderungen für ein zukunftsorientiertes Handeln mit.
Forderung 1: Neue Wirtschaftskonzepte
Die bisher praktizierte Form des Wirtschaftens hat die aktuell zu beklagende Klimakrise mitverursacht. Wir fordern eine Ausrichtung der Wirtschaftspolitik, die nicht auf ein weiter so setzt, sondern eine nachhaltige und ressourcenschonende Wendung vollzieht. Als eine beispielhafte Perspektive ist hier das Modell der Kreislaufwirtschaft zu nennen. Die Wirtschaft braucht klare Vorgaben, damit ihre Investitionen in neue Technik und eine eventuelle Umstellung ihrer bisherigen Ausrichtung zukunftssicher ist und nicht in vier Jahren wieder gecancelt wird.
Forderung 2: Entwicklung ÖPNV
Die Strukturen des öffentlichen Personennahverkehrs wie des Fernverkehrs sind zeitnah bedarfsgerecht zu ertüchtigen. Die Beibehaltung der Deutschlandtickets ist unbedingt zu einem akzeptablen Preis sicherzustellen. Nur so werden Bürger*innen von der Nutzung des PKW auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Hier gilt es kreative Lösungen zu denken und umzusetzen, um auch in ländlichen Räumen die Verkehrswende zu vollziehen.
Forderung 3.: Geschwindigkeitsbegrenzung
Um den CO-2 Ausstoß im Individualverkehr zu begrenzen, fordern wir die Einführung eines Tempolimits von 130 km/h auf Autobahnen und ein weitgehendes Tempolimit von 30 km/h in Städten und Gemeinden.
Forderung 4.: Ladestruktur für E-Fahrzeuge
Der Ausbau der Ladestruktur für E-Fahrzeuge und die Förderung von E- Carsharing sind deutschlandweit zu fördern.
Forderung 5.: Alternative Verkehre
Der umfängliche und zügige Ausbau einer alltagstauglichen Fahrradinfrastruktur erscheint uns dringend notwendig. So kann das Fahrrad wie in anderen EU-Ländern zu einer guten Alternative zum Individualverkehr mit dem PKW werden.
Forderung 6.: Wärmeerzeugung I
Die bisherige Förderung der Umstellung von Oel- und Gasheizung auf eine Heizung mit Wärmepumpe ist unbedingt beizubehalten. Die Kosten für Oel und Gas werden zukünftig weiter ansteigen und die Bürger*innen finanziell noch mehr als bisher belasten. Insbesondere in ländlichen Regionen stellt die Nutzung der Wärmepumpe eine gute Alternative zu den fossilen Heizformen dar.
Forderung 7.: Wärmeerzeugung II
Ausbau von Nahwärmenetzen, die z.B. die Abwärme von Kläranlagen und Produktionsbetrieben nutzen, ist zu fördern. Genossenschaftlich organisierte Trägerschaften dieser Netze haben Vorrang und sind zu fördern.
Forderung 8.: Ertüchtigung von Gebäuden
Um Wärmeverluste innerhalb der Gebäudestrukturen zu verhindern, sind effektive Isolationsmaßnahmen im Gebäudebestand sicherzustellen und zu fördern.
Forderung 9.: Ausbau alternativer Energiegewinnung
Weiterer und zügiger Ausbau von ressourcenschonender Energiegewinnung, wie Windkraft, Photovoltaik und Biogasanlagen, ist unbedingt umzusetzen.
Forderung 10.: Ausbau ökologischer Landwirtschaft
Die Förderung einer ökologischen Landwirtschaft, die auf die Nutzung von Pestiziden und künstlichen Düngemittel verzichtet, die Wert auf das Tierwohl legt und durch eine variantenreiche Fruchtfolge gegen eine Auszehrung des Ackerbodens handelt, ist konsequent umzusetzen.
Forderung 11.: CO-2 Preis und Klimageld
Die CO-2 Bepreisung ist realistisch anzupassen, um so effektive Einsparpotentiale wirkmächtig zu machen. Die Idee des Klimageldes ist in diesem Zusammenhang zeitnah und konsequent umzusetzen.
Forderung 12.: Umsetzung bestehender Gesetze
Bestehende Gesetze wie das Klimaanpassungsgesetz oder EU- Wasserrahmenrichtlinie sind bundesweit umzusetzen. Eine fördernde Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist zu verstärken. Auch weisen wir auf den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.2021 hin – Klimaschutz und Klimaneutralität sind lt. BVerfG grundrechtlich sowie durch das Staatsziel Umweltschutz aus Art. 20a GG geboten- und fordern dessen Umsetzung: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rs20210324_1bvr265618.html
Abschließend eine Einschätzung zum Umgang mit der Klimakrise von Al Gore während des diesjährigen World Economics Forums in Davos:
„Wir haben Handlungsfähigkeit. Wir haben die Fähigkeit, diese Krise zu lösen. Wenn wir nur genügend politischen Willen aufbringen können, um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu beschleunigen. Die Klimakrise ist eine Krise der fossilen Brennstoffe. 80 % der Emissionen stammen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Und wir haben jetzt Alternativen, die billiger, sauberer, arbeitsplatzschaffender und in jeder Hinsicht besser sind. Wir müssen also nur die politische Macht der mächtigsten Wirtschaftslobby in der Geschichte der Welt überwinden, der Lobby der fossilen Brennstoffe.“ (Al Gore, Vizepräsident der Vereinigten Staaten (1993-2001); Vorsitzender und Gründungspartner, Generation Investment Management LLP, Quelle: Wir werden den Klimawandel stoppen, aber „wie schnell“ ist die Frage von Leben und Tod – Al Gore | Weltwirtschaftsforum
Gutes Klima ist nicht alles, aber ohne gutes Klima ist alles Nichts!
Mit freundlichem Gruß
Klimainitiative Windeck
i.A. Richard Suhre